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Netzstilllegung?
Das Energiesystem verändert sich. Es drängen mehr und mehr erneuerbare Energien ins (vorwiegend Elektrizitäts-)Netz. Die Debatte über die Nutzung von Gas in der Raumwärme wird dadurch in letzter Zeit stetig angefeuert. Artikel 57 der EU-Gasmarktrichtlinie 2024/1788 (Richtlinie über gemeinsame Vorschriften für die Binnenmärkte für erneuerbares Gas, Erdgas und Wasserstoff) legt erstmals verbindliche Vorgaben für die Stilllegung von Gasverteilernetzen fest.
Sie verpflichtet Gasverteilnetzbetreiber unter bestimmten Voraussetzungen Stilllegungspläne zu erstellen: wenn ein Rückgang der Erdgasnachfrage absehbar ist, der eine Stilllegung erforderlich macht. Diese Pläne müssen von den zuständigen nationalen Behörden geprüft und genehmigt werden.
Erst ein genehmigter Stilllegungsplan liefert die Voraussetzung dafür, dass Netzbetreiber neue Anschlüsse ablehnen oder bestehende Anschlüsse kündigen dürfen. Dabei sind strenge Bedingungen einzuhalten, wie die Konsultation von Verbraucherverbänden und der Schutz von Kunden, und insb. die Verfügbarkeit einer leistbaren alternativen Energieversorgung.
Diese Regelung zielt darauf ab, den Übergang zu erneuerbaren Energien zu unterstützen, indem sie eine geordnete Stilllegung nicht mehr benötigter Gasinfrastrukturen ermöglicht und gleichzeitig soziale Härten vermeidet. Sie ist Teil des EU-Gas- und Wasserstoffmarktpakets, das im Juli 2024 in Kraft trat und den schrittweisen Ausstieg aus fossilen Gasen sowie den Einstieg in den Wasserstoffmarkt regelt.
Soweit die Vorgaben aus Brüssel. In Österreich soll das EU-Gaspaket vor allem im Rahmen einer Novelle des Gaswirtschaftsgesetzes umgesetzt werden. Durch eine Verkleinerung der Gasnetze erwartet sich die EU einerseits einen Rückgang der Treibhausgasemissionen und andererseits Kosteneinsparungen für den Netzbetrieb. An dieser Stelle sei angemerkt, dass die Richtlinie lediglich von „Stilllegung“ spricht und niemals von einem „Rückbau“.
Der vollständige Rückbau von Gasleitungen wäre die teuerste und aufwendigste Variante bei der Redimensionierung. Eine Studie von Frontier Economics im Auftrag des ehemaligen Bundesministeriums für Klimaschutz (BMK) ergab Kosten zwischen 250.000 und 800.000 € pro Kilometer im ländlichen Raum – in städtischen Gebieten können diese aufgrund baulicher Komplexität noch deutlich höher ausfallen. Die Kosten variieren je nach Rohrdurchmesser und wurden auf Basis von Expertenwissen und Daten von ACER abgeleitet.
Link: Erforderliche Rahmenbedingungen für die Stilllegung des Gasverteilernetzes
Hier wollen wir diese Ziele beleuchten und anhand des österreichischen Netzes analysieren.
Zuerst Betrachten wir die Struktur des Gasnetzes:
Die Gasinfrastruktur ist in Österreich gut ausgebaut, insgesamt gibt es in Österreich über 46.000 km Gasleitungen.
Die leistungsstärksten Gasleitungen sind die rund 2.000 km Fernleitungen (Gas Connect Austria GmbH, TAG GmbH), die zum überwiegenden Teil für den Gastransit konzipiert sind, aber natürlich auch für den Import und den Transport innerhalb Österreichs eine wesentliche Funktion erfüllen.
Das Verteilernetz setzt sich aus den 3 Netzebenen zusammen:
Netzebene 1: überregionaler Transport innerhalb Österreichs ohne Kundenanschlüsse (rd 1.500 km).
Netzebene 2: Versorgung Industrie und Gewerbe (rd 3.600 km).
Netzebene 3: Versorgung Haushalte und kleines Gewerbe (rd 39.500 km).

Die meisten Zählpunkte, dh Gasentnahmestellen von Endverbrauchern gibt es in Wien mit rd 560.000 Zählpunkten, in Summe gibt es in Österreich 1,2 Mio. Netzanschlüsse, rd 1,1 Mio. davon sind Haushalte.
Das Ziel klare Bedingungen für eine versorgungssichere Redimensionierung des Gasnetzes zu schaffen – insbesondere auf Verteilebene – bei einer Reduktion des Gasabsatzes sehen wir positiv. Mit dem Wegfall der aktuell im Gaswirtschaftsgesetzt vorgesehenen Anschlussverpflichtung werden die Gas-Netzbetreiber von der Pflicht befreit auch ineffiziente und damit teure Anschlüsse durchführen bzw. erhalten zu müssen. Voraussetzung für die Erstellung von Netzstilllegungspläne ist allerdings, dass die in Art. 26 Energieeffizienzrichtlinie vorgesehenen regionalen Wärme- und Kältepläne vorliegen, wobei diese noch nicht in nationales Recht umgesetzt ist. Erst darauf aufbauend kann in der Folge geprüft werden, ob ein Rückgang der Erdgasnachfrage absehbar ist, der eine Stilllegung erforderlich macht. Netzabschnitte, die durch den Ausstieg von Haushalten aus der Gasversorgung wirtschaftlich unattraktiv werden und damit zu höheren Kosten für die restlichen Netzkunden führen, können dann identifiziert werden. Eine zuverlässige Endkundenversorgung muss dabei immer im Fokus bleiben. Dennoch, die operativen Kosten für bereits bestehende Leitungen sind relativ gering und sinken bei Stilllegung einzelner Teile des Gasnetzes nur langsam. Schnelle Einsparungen sind daher hier nicht zu erwarten.
Stilllegungen bei höherrangigen Netzebenen (Fernleitungen und Netzebene 1 und 2) spielen eine untergeordnete Rolle. Ein leistungsstarkes und regionales Gasnetz für den Methantransport muss auch langfristig aufrechterhalten werden, als Sammelnetz für die regionale Biomethanproduktion und die versorgungssichere Deckung des verbleibenden Methanbedarfs. Die optimalen Einspeisepunkte findet man ganz leicht mit inGRID, der Einspeisekarte für erneuerbare Gase. Wenn Leitungsabschnitte aufgrund eines reduzierten Methanabsatzes für den Methan-Transport tatsächlich nicht mehr benötigt werden, werden sie für den Transport von Wasserstoff umgewidmet und in dieser Weise redimensioniert.
Fazit:
Stilllegungsüberlegungen und darauf aufbauende Netzstilllegungspläne, wie sie in Art 57 der Gasmarktrichtlinie vorgesehen sind, betreffen in erster Linie jene Leitungsabschnitte, die vorrangig eine Versorgungsaufgabe im Raumwärmebereich haben. Dabei handelt es sich im Wesentlichen um die Ortsnetze, die dem unmittelbaren Netzanschluss von Endkunden dienen. Diese Pläne sollen gem. Art 57 „der reduzierten Nutzung von Erdgas für die Wärme- und Kälteversorgung von Gebäuden, in denen energie- und kosteneffizientere Alternativen zur Verfügung stehen,“ Rechnung tragen. Voraussetzung für konkrete Überlegungen ist das Vorliegen von Wärme- und Kälteplänen gem. Art.26 Energieeffizienzrichtlinie, die ebenso wie die Gasmarktrichtlinie erst in nationales Recht umgesetzt werden muss. Trotz der vorhersehbaren Reduktion des Gasbedarfs im Raumwärmebereich ist aber auszugehen ist, dass auch 2040+ Gaskunden auch in diesem Bereich im System sein werden. ‚Rasche Kostenreduktionen der Netzkosten können insb. durch Herauslösen von Infrastruktur aus dem Methanregime in eine neues Wasserstoffnetz entstehen.
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